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Das Thema hört sich zunächst an wie ein Ladenhüter aus der freimaurerischen Mottenkiste. Trotzdem ist es das Anschlagen eines Themas, das sich um die Fragen dreht: Wodurch konnte die Freimaurerei sich über die ganze Welt ausbreiten? Wodurch konnte sie mehr als 250 Jahre überdauern? Wodurch wird sie weiterleben können?

Der Tätigkeitsbereich der mittelalterlichen Bauhütte beginnt mit dem Bauauftrag, erteilt von kirchlicher, gelegentlich landesherrlicher Seite. Der Auftraggeber ist gleichzeitig der Unternehmer. Er stellt den Baugrund, beschafft das Baumaterial und bezahlt die Bauleute.

Der jeweilig Bauauftrag ist die Existenzgrundlage der Hütte. Sie formiert sich speziell für dessen Durchführung. Nach seiner Verwirklichung löst sie sich auf. Da manche Großprojekte Arbeit für Generationen von Bauleuten boten, existierten manche Bauhütten Jahrhunderte hindurch. Als Dauerauftrag kam die ständige Erneuerung brüchig gewordener Bauteile hinzu, da durchweg der wenig haltbare Sandstein benutzt wurde. Die Aufgaben der Bauhütte lagen in der künstlerischen Gestaltung und der technischen Durchführung des Auftrags. Die Hütte unterstand immer nur einem Baumeister, der auch die Gesamtleitung für den Bau innehatte. Zweifellos verfügte er über einen Stab weiterer Meister als seine engsten Mitarbeiter. Die Objekte waren durchweg zu gewaltig, als daß ein einzelner allein die Planung und Ausführung bis ins Detail hätte auf sich nehmen können.

Aus den um Arbeit vorsprechenden Meistern und Gesellen wird sich der Baumeister jeweils die geeignetsten Männer ausgesucht haben. Auf die Art stellte die Hütte immer eine Vereinigung der besten zur Verfügung stehenden künstlerisch und technisch fähigen Köpfe dar.

Selbstverständlich waren beim Bau die Anregungen und Wünsche des Auftraggebers zu berücksichtigen. Bei der Betrachtung der Bauwerke hat man jedoch den Eindruck, daß der Baumeister und seine Leute weitgehend freie Hand behielten. Voraussetzung für die Arbeit am Bau war eine brauchbare Betriebsordnung und die Erhaltung eines guten Betriebsklimas – wenn wir das einmal modern ausdrücken wollen.

Die Hütte bildete Lehrlinge aus und beförderte sie zu Gesellen, nachdem sie ihre Zeit mit gutem Erfolg ausgedient hatten. Eine Erhebung zum Meister wurde nicht vorgenommen. Der Meistertitel mußte in freiem Wettbewerb und in der Praxis erworben werden. Nur wer nachweislich selbständig den Bau eines entsprechenden Objektes durchgeführt hatte, war berechtigt, sich als Meister zu bezeichnen. Jeder anerkannte und fähige Geselle konnte sich um einen Auftrag bewerben. Die Dauer seiner Gesellenzeit spielte dabei keine Rolle. Hier und in vielen anderen Punkten unterscheiden sich die Bauhütten durch ihre Freizügigkeit von den Zünften, bei denen alles eingeengt und vorgeschrieben war. Während die Zünfte städtischer Aufsicht und Gerichtsbarkeit unterstanden, hatten die Bauhütten auf dem Festland durch kaiserliches Privileg eine eigene Gerichtsbarkeit.

Die Bauhütten gingen auf die Klöster zurück. Die Mönche stellten in weiten Teilen Europas die ersten fähigen Bauleute. Von ihnen stammte die spätere mönchische Tracht der Bauhüttenleute, die Hüttenregeln und die in jeder Hinsicht christlich-religiöse Überlieferung. Diese Überlieferung diente der Aufrechterhaltung von Ordnung und Eintracht unter den Angehörigen der Hütte. Ihr Zusammengehörigkeitsgefühl wurde durch geheimgehaltene Bräuche gefördert. Für besondere Gelegenheiten, z. B. die Beförderung zum Gesellen, gab es gewisse feierliche Handlungen, die sich weitgehend an kirchliches Brauchtum anlehnten.

Vieles ergab sich aus der praktischen Tätigkeit, wie z. B. Erkennungsworte und -zeichen zum Schutz des in der Hütte vereinten baulichen Wissens. Die Ausrichtung der Hütte nach Osten wurde entsprechend der Hauptrichtung des kirchlichen Bauwerks übernommen. Demgemäß arbeitete die Bauleitung an der geachtetsten Stelle, im Osten, während die übrigen Meister im Süden und die Gesellen und Lehrlinge im Norden arbeiteten. Der Eingang lag im Westen, wie der Eingang der Kirchen. Wegen des bei der Bearbeitung des Gesteins entstehenden Staubes trug jedermann auch in der Hütte eine Kopfbedeckung.

Zu den wesentlichen sozialen Leistungen der Hütte gehörte die Sicherung von Obdach, Nahrung und Lohn, der Schutz gegen Außenstehende, auch gegen Ausbeutung durch die Auftraggeber. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß alles, was durch die Hütte und innerhalb der Hütte geschah, absolut zweckbestimmt war. Dieser Zweck war nicht ein Eigenleben der Hütte, sondern ein ganz und gar nach außen gerichtetes Wirken, nämlich die Errichtung des Bauwerkes. Dem Auftrag, dem Bauauftrag ist alles untergeordnet, und aus ihm ergeben sich die Aufgaben der Hütte. Die Erfüllung dieser Aufgaben wiederum dient der Durchführung des Auftrags.

Die Dokumente und Schriften, die uns aus der Bauhüttenzeit vorliegen, sagen nichts über eine besondere Geheimlehre. Jedenfalls ist das Wesentliche, das uns Freimaurern von jenen Bauleuten hinterlassen wurde, eine handwerkliche Ordnung und nicht zuletzt eine internationale Aufgeschlossenheit; reisten doch die Bauleute über alle Ländergrenzen hinweg und arbeiteten in den Hütten mit Bauleuten aus anderen Ländern einträchtig zusammen.

Das Bedeutsamste aber ist der Geist, mit dem sie ihren Auftrag zu erfüllen wußten. Joseph Goerres sagt dazu:

„Aus den Elementen des Guten und Bösen türmten sie den Wunderbau zusammen, und ein ungeheures Weltendrama führen Licht und Finsternis an seinem Gerüste auf. Der Geist rüstet sich zum Kampfe mit der Schwere und treibt mit göttlichem Hauch die Riesenpfeiler und bläht die Gewölbe. Auf Gesimsen und Bögen stehen in Reihen die Seligen und Heiligen, die, welche überwunden haben und die, welche noch ringen, überirdisch, schlank, leidend, anbetend, todverachtend. Dazwischen grinsen Tierfratzen und verzerrte Menschengesichter, springen Drachen, Kobolde und drohende Teufel. Phantastische Blätter und Gestalten, Glut der Farben und Verwirrung der Linien, jeder Zauber und jeder Schrecken der Natur breitet sich über das Münster und dient seiner Herrlichkeit. Am Ende aber löst sich der Streit und auf der Spitze des durchbrochenen Turmes ist der Stein in eine geöffnete Blume verwandelt.“

Durch den Anbruch einer neuen Zeit verloren die Bauhütten im 17. Jahrhundert ihre Funktion, d. h. ihren Auftrag, ihren Bauauftrag. Sie lösten sich auf. Nur in England sicherten, wie bekannt, nichthandwerkliche Mitglieder das Fortbestehen der Logen durch die Umwandlung mittelalterlicher Überlieferung in die moderne Freimaurerei. Man wollte nicht, daß sich die Logen zu selbstgenügsamen Klubs, zu frömmelnden, evtl. noch wohltäterischen Vereinen entwickelten. Sie sollten mehr sein. Deshalb mußte man ihnen einen neuen, mitreißenden Auftrag geben, aus dem sich lebensnahe Aufgaben entwickeln ließen, die Kraft und Stütze aus dem mittelalterlichen Überlieferungsgut erhalten sollten, das nunmehr symbolisch verstanden wurde. Unter Anlehnung an den Dombauauftrag vergangener Zeiten entstand als neuer Auftrag die Arbeit am Bau des Tempels der Menschheit; ein Gleichnis übrigens, das damals von nichtfreimaurerischen Denkern, Dichtern und bildenden Künstlern ebenfalls häufig verwandt wurde.

Die Alten Pflichten sprechen davon, daß die Freimaurerei unter Menschen, die einander beständig hätten fremd bleiben müssen, treue Freundschaft stiften wolle. Der freimaurerische Historiker Kuess sagt dazu, daß „durch diese Worte der Brudergedanke der alten Werklogen unter Durchbrechung von christlich-religiöser Grundhaltung auf die ganze Menscheit ausgedehnt wird. Alle Rituale und Symbole werden somit zu Wegzeichen auf das Hochziel allmenschliche Brüderlichkeit.“ Wie die alte Werkloge alle Kräfte mobilisierte und zusammenfaßte, um das Hochziel – den Bauauftrag – zu erfüllen, so sollte die freimaurerische Loge ihren Brüdern Rüstzeug und Kraft geben für den neuen Auftrag, das neue Hochziel. Dieses Rüstzeug ergab sich aus der in England von John Locke und David Hume begründeten und formulierten Aufklärung, der Philosophie des gesunden Menschenverstandes, die, um mit Karl Marx zu sprechen, ihre Aufgabe nicht darin sah, die menschlichen Zustände zu interpretieren, sondern sie zu ändern.

Die Grundsätze und Forderungen der Aufklärung sind uns allen bekannt. Sie finden ihren kürzesten Ausdruck in den Begriffen: Humanität, das ist Menschlichkeit und Achtung des Menschenrechts, und Toleranz, das ist Geltenlassen des andern. Toleranz wurde überhaupt erst durch Locke von einer Eigenschaft bemitleidenswerter Schwäche zu einer Tugend umgeschaffen.

Die Brüder Freimaurer waren keine Phantasten, die in utopischen Phantasien schwelgen wollten. Sie machten sich unverzüglich daran, ihre Weltanschauung in die Tat umzusetzen; zuerst in ihren kleinen Kreisen und dann weiterwirkend in alle Welt. Sie bauten Krankenhäuser und Waisenheime. Sie halfen den Armen und Unterdrückten und förderten Schulen und Universitäten. Gleichzeitig versuchten sie eine allgemeine Besserung der menschlichen Verhältnisse durch Umwandlung der gesellschaftlichen Zustände zu erreichen. Dadurch gerieten sie zwangsläufig in das politische Kraftfeld und in Widerspruch zu den herrschenden Obrigkeiten.

Auch das hatten die Begründer der Freimaurerei vorausgesehen. In den Alten Pflichten hatten sie festgelegt, daß ein Freimaurer ein friedlicher Untertan der bürgerlichen Gewalten sein und sich nicht unbotmäßig gegen die Obrigkeit betragen solle. Zweifellos wollten sie vermeiden, daß die freimaurerische Tätigkeit gleich zu Anfang durch Verbot abgewürgt würde. Die wirkliche Einstellung zeigt jedoch die anschließende Anordnung, die besagt, daß der solcher Auflehnung schuldige Bruder nicht aus der Loge ausgestoßen werden solle, sondern ihr unauflöslich verbunden bleibe. Das Aufstehen gegen jegliche Art der Tyrannei, das damals und bis in unsere Zeit von solcher Obrigkeit als Kapitalverbrechen betrachtet wurde, galt in der Freimaurerei nicht als ehrenrührige Tat.

Es ist bekannt, welche entscheidende Rolle die Freimaurer in den gesellschaftlichen Umwälzungen gespielt haben, die mit der Befreiung Amerikas begannen. Wir wollen von den Dokumenten jener Zeit eines im Wortlaut wiedergeben, ein Dokument edelsten aufklärerisch-freimaurerischen Geistes: Die Unabhängigkeitserklärung von 1776.

„Wir gehen davon aus, daß es unbestreitbare Wahrheit ist, daß alle Menschen gleich erschaffen sind, daß sie von ihrem Schöpfer mit ihnen innewohnenden unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind und daß zu diesen das Leben, die Freiheit und das Recht gehören, ein glückliches Leben zu erstreben, daß um diese Rechte sicherzustellen, Regierungen innerhalb der Menschen errichtet sind, deren Ermächtigung von der Zustimmung der Regierten herrührt, daß, wenn immer eine Regierungsform sich zerstörend gegenüber solchen Zielen erweist, es das Recht des Volkes ist, die Regierungsform zu ändern oder aufzuheben und eine neue Regierung zu errichten, die sich auf diese Grundsätze stützt.“

Dann kam die französische Revolution. Wenn auch die Freimaurerei später glaubte, sich von ihr distanzieren zu müssen, so sollte sie im Gegenteil stolz darauf sein, daß ihre Männer den geistigen Kern dieses Aufstandes gegen die drückende Vorherrschaft von Adel und Kirche bildeten. Tatsache bleibt, daß die französische Revolution der Menschheit ein Bewußtsein der Freiheit und des Rechts vermittelt hat, das bis in unsere Zeit fortwirkt. Ohne die gestaltende Wirkung ihres Programms wäre die Arbeitsgemeinschaft, auf der sich die moderne Industriegesellschaft aufbaut, überhaupt nicht möglich geworden.

Andererseits sind viele Freimaurer noch heute stolz darauf, daß es gleich zu Anfang gelang, den jungen Kronprinzen Friedrich, nachmals Friedrich der Große genannt, für die Freimaurerei zu gewinnen. Tatsächlich machte sie dadurch den ersten Schritt in landesherrliche Hörigkeit. Die politische Bewegungsfreiheit und die Möglichkeit der Verwirklichung des freimaurerischen Auftrags auf politischem Gebiet wurde an die Fürstlichkeiten verkauft, in gleicher Weise wie Luther die im Protestantismus liegenden Möglichkeiten für einen sozialen Umschwung an die Obrigkeit verkaufte. Sicherlich gab es unter diesen auch freisinnige Leute, aber in der Mehrzahl waren es die ewig Rückständigen, unter deren Rockschößen sich die Freimaurerei – wenn auch unter ständiger Polizeiaufsicht – zur Ruhe setzte. Der große Friedrich – der so erfreulich begann, entwickelte sich zu einem Despoten, über dessen Herrschaft Lessing schrieb:

„Lassen Sie einmal einen in Berlin auftreten, der für die Rechte der Untertanen, der gegen Aussaugung und Despotismus seine Stimme erheben wollte, und Sie werden bald die Erfahrung machen, welches Land bis auf diesen Tag das sklavischste in Europa ist.“

Diese Stadt wurde zum Hauptsitz der größten deutschen Logen. Was konnte man da viel erwarten. Die Gewährung der Religionsfreiheit, für die der König immer wieder gepriesen wird, bedeutet für ihn kein sonderliches Entgegenkommen, waren ihm doch religiöse Belange vollkommen gleichgültig und erging er sich doch mit Vorliebe in Spötteleien über das, was anderen Menschen heilig war. Seine nichtadligen Untertanen bezeichnete er als „unadliges Geschmeiss“, und es paßt dazu, daß er den Schulmeistern die Weisung zugehen ließ, den Kindern nur das Notwendigste beizubringen. Gegen die fortdauernde Enteignung der Bauern durch die ostelbischen Junker unternahm er in der Praxis nichts.

Nur einmal in der Geschichte der deutschen Freimaurerei raffte sie sich zu entschlossenem Handeln auf: 1848 stellte sie die geistige Spitze der Revolution. Leider war derjenige, der sie rücksichtslos mit dem preußischen Komistiefel niedertrampelte, ebenfalls ein Freimaurer: Kronprinz Wilhelm, genannt der Kartätschenprinz, späterer Heldenkaiser Wilhelm I., von seinen preußischen Hausgeschichtsschreibern „der Große“ genannt.

Sein Sohn, der spätere Kaiser Friedrich III. war der einzige unter den drei königlichen preußischen Freimaurern, auf den die Freimaurerei wahrhaft stolz sein kann. Er hat das Wesen der Freimaurerei besser erfühlt und klarer erkannt, als diejenigen, die ihn auf einen hohen Großlogenposten beriefen. Als er sah, daß sein Kampf gegen sektiererische Zwietracht und gegen mystische Vernebelung aussichtslos war, legte er sein Amt nieder. Die deutsche Geschichte hätte eine andere Wendung nehmen können, wenn dieser bedeutende liberale und weltoffene Mann nicht so früh hätte scheiden müssen.

Drei bedeutende Freimaurer haben wir noch nachzutragen, die zu einem Zeitpunkt größten Elends in Preußen für Reformen kämpften: Stein, Hardenberg und Scharnhorst. Alle waren eigentlich Nichtpreußen und alle scheiterten am Starrsinn und der Borniertheit der ostelbischen Junker, die das Rückgrat des Preußentums bildeten. Als Stein fortfuhr, an den überkommenen Grundfesten des preußischen Staates zu rütteln, wurde er schmählich entlassen. Als Streiter für verfassungsmäßige Zustände vertrat er eine Weltanschauung, die man als gut freimaurerisch bezeichnen kann. Einer Loge hat er nur kurze Zeit als junger Mann angehört.

In der Weimarer Republik erreichte die deutsche Freimaurerei ihre höchste Mitgliedszahlen. Die zahlenmäßig stärksten deutschen Großlogen verharrten jedoch in ihrem national-konservativem Korsett. Sie ließen die Chance, in echt freimaurerischer Arbeit eine wirkliche Demokratie in Deutschland aufzubauen, gänzlich ungenutzt. Nur eine bedeutende freimaurerische Gestalt ragt aus dem Geschehen jener Jahre: Stresemann. Seine berühmte Rede vor dem Völkerbund ist ein freimaurerisches Bekenntnis. Es ist bezeichnend, daß dieser Mann in seiner eigenen Loge gegen eine dort gehaltene völkische Propagandarede protestieren mußte.

Eine freimaurerische Schrift von 1928 spricht davon, daß

„die Freimaurer stets Angehörige der arisch-germanischen Rasse sein müßten, daß dem Gedanken internationaler Verbrüderung zu entsagen sei, daß alle humanitären Einrichtungen zu verurteilen seien, da sie das Volk entnerven, und daß der Humanismus als Zweck des Bundes nur die Logen verschandele.“

Gegenüber völkischen Angriffen verteidigten sich die Freimaurer mit der Feststellung, daß

die Freimaurer nie wirklich international gewesen seien und immer tapfer gegen die Freimaurer anderer Länder gekämpft hätten, daß ferner unter allen in Betracht kommenden Organisationen allein die Freimaurer nach dem ersten Weltkrieg eine Wiederaufnahme von Beziehungen zu den Logen der Feindbundstaaten auf das Bestimmteste abgelehnt haben.

Glücklicherweise gab es auch eine andere Einstellung. Bruder Endres schrieb 1929:

„Es darf keine nationalistische Freimaurerei geben. Freimaurerei ist Weltfreimaurerei oder sie ist überhaupt keine Freimaurerei. Die höchste letzte Idee des freimaurerischen Brudergedankens gipfelt in der Idee der Gesamtmenschheit in der Kette, die den Erdball umspannt. Nicht Aufgabe der Freimaurer ist es, durch Rassenhaß die Freimaurerei von ihrem Thron der Gerechtigkeit in den Schmutz der Straße zu ziehen. Es ist nicht klug, den deutschen Freimaurern das heute zu sagen, aber es ist weise. Und es ist besser weise, als klug zu sein.“

Pastor Hintze, Hamburger Großmeister, schreibt 1933:

„Unsere Gegner haben recht, wenn sie uns der Treulosigkeit, Unwahrhaftigkeit und vollendeter Mittelmäßigkeit bezichtigen. Wenn auf nationalem Boden stehen heißt: Die Speichelleckerei betreiben, dann stehen wir allerdings nicht auf nationalem Boden, rechnen uns das aber zur Ehre an.“

Wir wollen hier nicht mehr über die englischen und amerikanischen Freimaurer sprechen, die während des Krieges und nachher eine maßgebliche politische Rollge gespielt haben und noch spielen. Es sind darunter einige, auf die man als Freimaurer stolz sein kann, und es gibt andere, bei denen augenblickliche politische und militärische Interessen weit mehr galten und gelten, als der freimaurerisch-menschliche Auftrag. Krieg und Freimaurerei vertragen sich schlecht.

In einem kurzen Ausschnitt wurde zu zeigen versucht, wie Freimaurer sich bemühten und nicht bemühten, den maurerischen Auftrag auf dem politischen Weg zu verwirklichen, wie sie Erfolg hatten und wie sie versagten. Dieser Auftrag besteht noch immer und für jeden von uns. Wenn auch vieles, was die Freimaurerei vertritt, ehemals revolutionär war, während es heute weltanschauliches Allgemeingut geworden zu sein scheint, so ist es trotzdem noch weit bis zu dessen Verwirklichung. Man täusche sich nicht und meine nicht, daß es für uns keine Arbeit mehr gäbe.

Die Freimaurerei gibt uns eine Weltanschauung in die Hand, die praktisch brauchbar ist auch für unsere Einstellung zu politischen Ereignissen und Entwicklungen. Natürlich wird man als Freimaurer die Dinge aus unterschiedlichem Blickwinkel betrachten und verschiedene Lösungen sehen können. Entscheidend aber wird immer sein, ob Zweck und Ziel sowie die angewandten Mittel freimaurerischem Maßstab entsprechen. Es ist nicht bequem, im täglichen Leben und auf politischem Gebiet freimaurerische Grundsätze zu vertreten; aber es ist innerhalb tragbarer Kompromisse durchaus möglich. Es behaupte niemand, daß Unterdrückung und Unfreiheit, Krieg und Zerstörung nicht auszurotten seien. Was geschehen ist, solange die Welt besteht, braucht nicht zu geschehen, solange sie noch bestehen wird. Der Ablauf der Geschichte zeigt, daß zwar vieles Böse möglich gewesen ist, aber auch vieles Gute und daß wir niemals die Hoffnung aufgeben dürfen in unserer freimaurerischen Arbeit am Bau einer besseren Welt.